Zeitungsartikel im Südkurier
Im Südkurier ist ein Artikel über unser Restaurierungsprojekt erschienen. Bei diesem hatten wir auf dem Burgberg „Hohen Krähen“ ein einsturzgefährdetes Burgtor zurückgebaut, die Steine gefestigt, teilweise ersetzt und das Tor wieder neu aufgebaut:
Wandergesellen: Wo die Krawatte „Ehrbarkeit“ heißt
Eigentlich ist es ja das Modell „Work and Travel“, das derzeit bei den jungen Leuten zieht. Es gibt sie aber dennoch, die alte Handwerkstradition, als Wandergeselle – heute auch vereinzelt als Wandergesellin – auf die Walz zu gehen. Die Reisekluft am Körper, die wenigen Habseligkeiten im Bündel über der Schulter, oft nicht wissend wo man am Abend schläft, am nächsten Tag arbeitet. Um den eigenen Horizont zu erweitern, sich beruflich fortzubilden, Neues kennenzulernen. Rund 500 junge Männer und Frauen sind so schätzungsweise im deutschsprachigen Raum unterwegs. Sechs von ihnen haben gerade das untere Burgtor der Ruine Hohenkrähen nach den Richtlinien des Denkmalschutzes restauriert.
Die sechs jungen Steinmetze, zwischen 21 und 28 Jahre alt, tragen die hellgraue – aus Hose, Hemd, Weste, Jacke, einem schlipsähnlichen Streifen, der den Namen Ehrbarkeit trägt und einer individuell unterschiedlichen Kopfbedeckung bestehende – Kluft ihres Gewerks. Ausnahmsweise haben Jan Josko aus Rottweil, der Ostfriese Moritz Bohlen, die drei Berliner Gerrit Arndt, Felix Bobke und Johannes Stapel, und Kai Deters aus dem Sauerland bei diesem gemeinnützigen Projekt unentgeltlich gearbeitet, nur für Kost und Logis. Im Regelfall werden die Gesellen, auch auf der Wanderschaft nach Tarif bezahlt. Billige Arbeitskräfte auf Zeit sind sie nicht. Schließlich darf die Walz oder Tippelei, wie die Wanderschaft genannt wird, die lokalen Arbeitsmarktpreise nicht untergraben.
Abenteuerlust braucht es, das Bewusstsein um alte Werte, viel Liebe zum erlernten Beruf, in dem man in neuen Werkstätten und unter neuen Lehrherren dazulernen will, um auf die Walz zu gehen, die mindestens drei Jahre und einen Tag dauern muss. Die Wandergesellen reisen die meiste Zeit auf Schusters Rappen. Trampen ist erlaubt. Öffentliche Verkehrsmittel sind ebenso verpönt wie Handys. Das Flugzeug darf allerdings benutzt werden, denn im dritten Jahr ihrer Wanderschaft sollen die jungen Leute in der ganzen Welt umherziehen. Ein paar Steinmetze waren gerade in Japan, wo sie rundum bestaunt wurden, allerdings kaum Arbeit fanden. Nun planen sie für Kuba. „Wir wandern um zu arbeiten. Und arbeiten um zu wandern“, so bringen sie es auf den Punkt.
Für die Zeit der Walz dürfen sie sich ihrer Heimatgemeinde nur außerhalb eines Fünfzig -Kilometer-Bannkreises nähern. Mit Eltern und Verwandten, und auch einer eventuell dort wohnenden Freundin müssen sie sich außerhalb treffen. Wenn’s Probleme gibt, finden die sechs in den Jahren der Wanderschaft Rückhalt in den Herbergen ihrer Gesellenbruderschaft. In Freiburg ist zum Beispiel so ein Haus. Dort trifft man sich zum Austausch, findet wenn nötig ein Dach über dem Kopf, kann dort Krankheiten auskurieren.
Im Prinzip, so das Fazit der der Gruppe, ist es auf der Walz so wie sonst im Leben auch. Es gibt wunderbare Momente und schlimme Augenblicke. Aber wenn man offen für die Welt ist, ein Bewusstsein für traditionelle Werte hat und sich beruflich weiterbilden will, dann ist die Walz die beste Zeit des Lebens.
Da kann man ihnen nur noch eines wünschen: Weiterhin fixe Tippelei – gute Reise eben.
Die Walz
Sie wird auch Wanderjahre, Wanderschaft, Tippelei oder Gesellenwanderung genannt. Voraussetzung ist der Abschluss der Lehrzeit. Die Wanderschaft war seit dem Spätmittelalter bis zur beginnenden Industrialisierung eine der Voraussetzungen für den Gesellen, die Prüfung zum Meister zu beginnen. Die Gesellen sollten vor allem neue Arbeitspraktiken, Lebenserfahrung und fremde Orte, Regionen und Länder kennenlernen. Die Zahl der reisenden Gesellen unterlag dabei stets starken Schwankungen. Im Jahr 2005 gab es etwa 700 von ihnen.